Ich war überarbeitet. Das Telefon hat den ganzen Vormittag lang geklingelt. Maier aus der Buchhaltung wars. Die U-Bahn hatte Verspätung. Die Kindergartentante wollte etwas besprechen. Der Laden hatte bereits geschlossen. Ich dachte Du hast morgen Geburtstag? Wie, grün steht ihr nicht? Ich war müde. Ich war unter Druck. Ich war betrunken. Ich stand neben mir. Ich hatte keine Zeit. Ich habe den Kollegen nicht mehr erreicht. Die E-Mail muss in den endlosen Weiten des Internets verloren gegangen sein. Mein Akku war leer. Die Hunde haben das Hörgerät gefressen (ungelogen, die Ausrede war ernst gemeint!!, Anm. des Autors). Die haben das Verkehrszeichen versetzt. Ich dachte der bremst sich ein.
Nein, das geht auf meine Kappe. Dafür bin ganz allein ICH verantwortlich.
burger70 - 4. Mär, 21:45
- als mir der Shopmanager mit mitleidigem Blick klar macht, dass sein Laden nur Teile bis Konfektionsgröße 38 führt und ich mich zum Trotz in dieses ordinär teure violette Trägertop zwänge, das ich - so viel steht jetzt schon fest - nie tragen werde, weil es mir den Atem raubt.
- als er den Arm um die unzumutbar gutaussehende Brünette legt und sie mir als seine Freundin vorstellt und ich mir beinahe auf die Zunge gebissen hätte, als ich mich schon sagen höre: "Hallo, schön Dich kennenzulernen. Er hat mir schon so viel von Dir erzählt" und beim Lügen nicht mal rot werde.
- als mir die Marketingabteilung höflich erklärt, dass sie meine Lieblingskekse ab sofort nicht mehr führen und mich sanft darauf hinweisen, dass auch die unzähligen Briefe der unterschiedlichsten Absender gleicher Handschrift zu keiner Sortimentsänderung führen werden. Und: Ob mir bewusst ist, dass es sich hierbei um einen Straftatbestand handelt, nämlich Stalking, und es dem Megakonzern sch** egal ist, dass sie mich als Kunden verlieren.
- als sich der wichtige Kunde für den zugegeben guten, aber gleichzeitig abgrundtief langweiligen Entwurf unseres Mitbewerbers und somit gegen meine vielleicht gewagte, aber umso kreativere Kampagne entscheidet. Und mich die Sekretärin bereits beim Lift mit einem Karton empfängt.
"die hoffnung stirbt zuletzt" poste ich noch auf meinem myspace-profil.
"schrecklich, diese optimisten ; ) " lautet Dein Kommentar.
burger70 - 27. Feb, 23:02
Wie ein Turmspringer in zehn Metern Höhe: Jede Muskelfaser Deines Körpers ist angespannt. Unter Dir die spiegelglatte Wasseroberfläche und die (Scharf)Richter. Für diesen Moment hast Du jahrelang trainiert. Auf diesen Moment hast Du dein ganzes Leben gewartet. Jetzt ist er da: Du kannst Dich beweisen. Es allen zeigen – denen, die Dich klein gemacht haben, die Deinen Ehrgeiz belächelt, Dein Talent verkannt, Deinen Eifer gedämpft haben. Dir selbst.
Schraube, Salto, Eintauchen. Du spulst die Abfolge in Deinem Kopf ab. Erneut. Zum wievielten Mal? Perfekt.
Dein Moment.
Jetzt.
Und dann versaust Dus.
burger70 - 20. Feb, 18:26